Nachbarschaftsrecht Thüringen (Kurzfassung)
Auch wenn im Bundesland Thüringen die Einwohnerzahl eher abnimmt und von 2019 mit 2,133 Millionen bis Ende 2021 bereits auf 2,112 Millionen gesunken ist, kommt es auch im Freistaat zu Streitigkeiten unter Nachbarn.
Wer nach Berichten zu Streitigkeiten zwischen Nachbarn in Thüringen sucht, findet unter anderem eine Nachricht über den Streit zwischen zwei Nachbarn wegen Müll im Hausflur. Diese Auseinandersetzung endete mit Schlägen und Verletzungen. Tatsächlich kommt es also vor, dass die Polizei wegen Müll im Hausflur ausrücken muss und am Ende Anzeigen wegen Körperverletzung aufnehmen muss.
Aber es landen auch Streitigkeiten wegen Laub von Bäumen, über den Zaun ragenden Ästen auf das Nachbargrundstück, zu lauten Partys oder zugeparkten Einfahrten in Thüringen vor dem Gericht.
Alternative durch Schiedsstellen
Für kleine "Streitigkeiten" gibt es in Thüringen aber auch sogenannte "Schiedspersonen" bzw. Streitschlichter. Diese über 300 Schiedspersonen arbeiten tatsächlich ehrenamtlich in 210 Schiedsstellen und können von Einwohnern aufgesucht werden oder diese werden von einem Gericht dorthin verwiesen.
Die Erfolgsquote der auf diese Art beigelegten Streitigkeiten in Schlichtungsverfahren liegt bei erstaunlichen 60-80%. Durch diese Verfahren werden nicht nur die Gerichte entlastet, in dem sie z. B. kein Verfahren wegen eines bellenden Hundes führen müssen. Sogar die Streitbeteiligten werden finanziell entlastet da diese Verfahren wesentlich günstiger sind als ein Termin vor Gericht.
Allerdings war es rechtlich wohl bis 2021 nicht vorgesehen, dass die Streitschlichter Nachbarschaftsrechtsstreite als "Laien"-Richter abhandeln sollen. Laut einer Nachrichtenmeldung der Antenne Thüringen aus Juni 2021 sollte diese aber nur noch durch den Landtag abgesegnet werden müssen und sollte dies wohl vermutlich mittlerweile sein.
Tatsächlich lösen die Schiedspersonen viele kleine Auseinandersetzungen aber in sogenannten "Tür- und Angelfällen" sogar direkt vor Ort durch ein klärendes Gespräch mit den streitenden Personen.
Erhöhte Fallzahlen
Seit Beginn der Corona-Pandemie sollen die Streitigkeiten in Thüringen allerdings zugenommen haben, weshalb mittlerweile der Bedarf an solchen Streitschlichtern, insbesondere in ländlichen Regionen, zugenommen hat…
Quellen:
Schieds-Personen-Mangel (MDR)
Laienrichter sollen Nachbarschaftsstreit schlichten (Antenne Thüringen)
Damit es gar nicht so weit kommen muss lesen Sie sich am besten die folgenden Vorgaben des Nachbarschaftsrechts für Thüringen durch und fragen Ihren Nachbarn bevor Sie etwas einfach umsetzen. Insbesondere dann wenn Sie schon damit rechnen dass es Probleme geben könnte.
Vorwort
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
jeder möchte zu Hause in "Ruhe und Frieden" leben. Gleichwohl gilt oft der Grundsatz "es kann der Beste nicht
in Frieden leben, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt". Wir wissen alle, wie oft es gerade unter Nachbarn
zu erheblichen Streitigkeiten kommen kann: sei es die neu angelegte Böschung, der in Nachbars Garten
ragende Baumast, der über das fremde Grundstück zum eigenen Anwesen führende Notweg, das falsch
abgeleitete Regenwasser oder die nicht geduldete Antennenmontage. Die Beispiele hierfür sind vielfältig. Gute
Information und rechtzeitige Gespräche können hier viel zur Konfliktvermeidung beitragen. Die vorliegende
Informationsschrift zum Nachbarrecht in Thüringen soll Ihnen insoweit ein hilfreicher und verlässlicher
Gesprächsbegleiter im Dialog mit Ihrem Nachbarn sein. Sie möchte Sie über die Rechtslage informieren, damit
die Beteiligten zumindest nicht über das streiten, was ohnehin schon gesetzlich festgeschrieben ist.
Dr. Andreas Birkmann
Thüringer Justizminister
DAS NACHBARRECHT
Oder: Abgeredet vor der Zeit gibt nachher keinen Streit
Das Nachbarrecht ist kein "Buch mit sieben Siegeln". Etwas, das sich in wenigen markanten Sätzen auf einem
Handzettel proklamieren ließe, ist es ebenso wenig. Die entsprechenden Rechtsgrundlagen sind in einer
Vielzahl von Gesetzen "verstreut". So etwa in den §§ 903 bis 924 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die
wiederum durch das Thüringer Nachbarrechtsgesetz vom 22. Dezember 1992 (GVBl. S. 599) ergänzt werden.
Doch auch die nachbarrechtlichen Vorschriften der ehemaligen DDR, insbesondere §§ 316 ff. des
Zivilgesetzbuches, können von Bedeutung sein, soweit es um die Existenz und den Umfang von Rechten geht,
die in der Zeit vor dem Inkrafttreten des BGB in den neuen Bundesländern (3. Oktober 1990) entstanden sind.
Öffentlich- rechtliche Gesetze, wie zum Beispiel die Landesbauordnung oder die Immissionsschutzgesetze,
sind gleichermaßen relevant. Rechte und Pflichten nach öffentlichem Recht werden durch das Thüringer
Nachbarrechtsgesetz freilich nicht berührt. Ziel der gesetzlichen Bestimmungen des privaten Nachbarrechts ist
es zuallererst, einer guten Nachbarschaft den Weg zu ebnen, den Nachbarfrieden zu erhalten und zu fördern.
Erst wenn sich Nachbarn nicht auf andere Weise einigen können, werden sie nach dem Gesetz rufen. Sind sie
sich einig und vereinbaren nichts anderes, so ist es in § 2 Abs. 1 des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes
ausdrücklich festgeschrieben, treten die gesetzlichen Bestimmungen des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes
zurück. Getreu dem Sprichwort: "Abgeredet vor der Zeit gibt nachher keinen Streit", ist man dann also
grundsätzlich frei in seinen Entscheidungen. Wie das Grundstück eingefriedet, wohin der Baum gepflanzt oder
wie das Regenwasser abgeleitet wird, verlangt dann allein noch nach Beachtung öffentlich- rechtlicher
Vorschriften. Empfehlenswert aber ist es, auch nachbarliche Verabredungen schriftlich zu gestalten.
DIE EINFRIEDUNG
Oder: Die Blumen machen den Garten, nicht der Zaun
"Die Blumen machen den Garten, nicht der Zaun", geht ein geflügeltes Wort. Und doch führt mitunter kein Weg
an der Errichtung eines Zaunes vorbei. Eine solche Pflicht kann ebenso aus privatrechtlichen wie aus
öffentlich- rechtlichen Vorschriften resultieren. Das Flurbereinigungsrecht, das Straßenrecht und das
Bauordnungsrecht seien erwähnt. In jedem Falle ist gut beraten, wer sich vor diesbezüglichen Plänen bei der
zuständigen Stadt- und Gemeindeverwaltung kundig macht, da öffentlich- rechtliche Vorschriften privaten
Absprachen vorgehen. Einige Beispiele: Nach § 10 der Thüringer Bauordnung kann die Bauaufsichtsbehörde
die Einfriedung von Baugrundstücken entlang öffentlicher Verkehrs- sowie anderer öffentlicher Flächen
verlangen. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die Verkehrssicherheit oder auch die einheitliche Gestaltung
des Straßenbildes sind dafür ausschlaggebend. Daneben können Bebauungspläne solche Forderungen
enthalten. Liegen die Grundstücke innerhalb eines bebauten Ortsteils, so sieht das Thüringer
Nachbarrechtsgesetz vor, dass der Nachbar vom Grundstückseigentümer Einfriedungen verlangen kann, wenn
dadurch wesentliche Beeinträchtigungen abgestellt werden können. Laufen spielende Kinder ständig auf das
nachbarliche Grundstück und richten dabei Schaden an, so stellt dies eine Beeinträchtigung dar. Tiere, die der
Grundstückseigentümer hält, sind hinter einer Einfriedung meistens besser aufgehoben. Natürlich muss man
bei alldem auch stets die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten in Rechnung stellen. Sich gelegentlich in
Nachbars Garten verirrendes Federvieh ist im ländlichen Bereich nicht eben etwas außergewöhnlich Seltenes.
Kommt es zur Einfriedung, ist auch dabei einiges zu beachten. Die Mauer, der Zaun usw. dürfen nur auf
eigenem Grund und Boden errichtet werden. Anderer Baugrund - etwa die gemeinsame Grenze unter
Inanspruchnahme beider Grundstücke - setzt die nachbarliche Einigung voraus. Sofern baurechtlich nichts
anderes vorgeschrieben ist, soll die Art der Einfriedung dem ortsüblichen Erscheinungsbild folgen. Wo dies
nicht erkennbar ist, gilt ein 1,2 m hoher Zaun aus festem Maschendraht als rechtens.
GRENZABSTÄNDE FÜR PFLANZEN
Oder: Hinterm Zaun wohnen auch noch Leute
Die beim Grundstückskauf in die Erde gesteckte Kastanie, die zum Richtfest nicht nur aufs Dach sondern auch
in den Garten gesetzte Fichte, die zum Geburtstag geschenkte und am Zaun angepflanzte Eiche im Bonsai-
Format, die schnell wachsende Hecke oder auch der in die Erde versenkte Spross eines künftig hoffentlich
ertragreichen Apfelbaumes - sie alle sollen Freude bringen. Wie schnell diese aber getrübt werden kann, davon
können Juristen nicht nur ein Liedlein singen. Denn ehe man sich versieht, wächst einem dies und jenes
wahrhaftig über den Kopf und - mitunter - übern Zaun. Dem dann möglichen Ärger mit den hinterm Zaun
wohnenden Leuten geht aus dem Weg, wer von vornherein die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände für
Pflanzen kennt und einhält. Das Nachbarrechtsgesetz unterscheidet bei Bäumen und Sträuchern mehrere
Gruppen, für die im Text Beispiele angeführt werden. Soll eine im Gesetz und auch in dieser Informationsschrift
nicht angegebene Pflanze das Grundstück verschönern, muss man sich - beispielsweise in einer Baumschule
oder Gärtnerei - fachkundig machen. Auch hier gilt: vor dem möglichen Schaden klug sein. Einige Beispiele
seien hier aufgeführt:
Bäume
- a). 4 m Abstand sind bei sehr stark wachsenden Bäumen vorgegeben. Dazu gehörenu.a. sämtliche Tannen-, Linden- und Pappelarten, Platane, Rosskastanie, Bergahorn,Rotbuche, Stieleiche, Douglasie, Fichte, österreichische Schwarzkiefer, Kiefer, Esche,Atlaszeder.
- b). 2 m Abstand sind bei stark wachsenden Bäumen zu wahren. Darunter fallen z. B.Hainbuche, Mehl-, Wald- und Vogelbeere, Weißerle, Zierkirsche und Lebensbaum.
- c). 1,5 m Abstand sind bei allen übrigen Bäumen vonnöten.
Obstbäume
- a). 4 m Abstand von der Nachbargrenze sind bei Walnusssämlingen vorgegeben.
- b). 2 m Abstand sind bei Kernobstbäumen, auf stark wachsenden Unterlagen veredelt,sowie Süßkirschenbäumen und veredelten Walnussbäumen zu wahren.
- c). 1,5 m Abstand genügen bei Kernobstbäumen, auf schwach wachsenden Unterlagenveredelt, sowie Steinobstbäumen (ausgenommen Süßkirschen).
Sträucher
- a). 1 m Abstand ist bei stark wachsenden Sträuchern vorgegeben. Dazu zählen u.a.Alpenrose, Haselnuss, Felsenmispel, Flieder, Goldglöckchen, Wacholder, Brombeere.
- a). 0,5 m Abstand genügen für alle übrigen Zier- und Beerensträucher. Ausgenommensind Brombeersträucher und einzelne Rebstöcke.
Die vorgegebenen Abstände verdoppeln sich, wenn das Nachbargrundstück landwirtschaftlich, gärtnerisch
oder für den Weinbau genutzt wird. Gemessen wird der Abstand jeweils von der Grenzlinie bis zur Mitte des
Baumstammes, des Strauches, der Hecke oder des Rebstocks. Fixpunkt ist jene Stelle, an der die Pflanze aus
dem Boden austritt.
Lässt jemand diese Vorschriften außer Acht, kann der Nachbar die Beseitigung der Anpflanzung verlangen und
notfalls auf dem Klageweg erzwingen. Das Recht dazu ist allerdings zeitlich befristet. Wehrt sich der betroffene
Nachbar nicht innerhalb von 5 Jahren nach der Anpflanzung, ist der Beseitigungsanspruch erloschen. Die
zeitliche Einschränkung gilt allerdings nicht für Anpflanzungen an der Grenze eines Wirtschaftsweges. Eine
Sonderregelung ist für Pflanzen, die bei Inkrafttreten des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes am 1. Januar 1993
bereits gesetzt waren und dem bisherigen Recht entsprachen, vorgesehen. Deren Beseitigung konnte nur bis
31. Dezember 1994 verlangt werden. Jederzeit allerdings kann der Nachbar erwirken, dass zurückgeschnitten
wird, was über die zulässige Höhe hinausgewachsen ist. Aus Gründen des Nachbarschutzes braucht die
Verpflichtung zum Zurückschneiden nur in der Nichtwachstumsperiode (1. Oktober bis 15. März) erfüllt werden.
HECKEN, SPALIERVORRICHTUNGEN; PERGOLEN UND ÜBERHÄNGE
Oder: Was in Nachbars Garten fällt, ist Seins
Ausgenommen die Nachbarn haben sich anders geeinigt, sind auch bei den Heckenpflanzungen
Abstandsregelungen nach dem Thüringer Nachbarrechtsgesetz zu beachten. Das Gesetz geht von der
möglichen Höhe der Hecke aus und legt danach den Grenzabstand fest.
- a). 25 cm Abstand erfordern Hecken, die nicht höher als 1 m werden.
- b). 50 cm Abstand sind bei Hecken einzuhalten, die bis 1,5 m hoch wachsen.
- c). 75 cm Abstand sind bei Hecken bis zu 2 m Höhe zu wahren.
Was höher hinausgeht verlangt nach einem Abstand, der um die jeweils überziehenden Höhenzentimeter
größer wird. Wie bei allen anderen Pflanzungen verdoppeln sich auch bei Hecken die Abstände, wenn das
nachbarliche Grundstück landwirtschaftlich, gärtnerisch oder für den Weinbau genutzt wird. Selbstverständlich
sind die Grenzabstände über die Zeit der Anpflanzung hinaus zu garantieren; ständiges Zurückschneiden der
Hecke ist also erforderlich. Frei von Abstandsvorschriften ist das Pflanzen von Hecken, die öffentlich- rechtlich
vorgeschrieben sind oder als vereinbarte bzw. ortsübliche Einfriedung angelegt sind. Spaliervorrichtungen und
Pergolen sind beliebte Kletterhilfen für Pflanzen und zugleich Sichtblenden. Auch hierfür müssen Abstände
eingehalten werden. Ist die Vorrichtung nicht höher als 2 m, sind grundsätzlich 50 cm Abstand vorgeschrieben.
Alles was darübergeht, vergrößert den Abstand um die jeweils überzogene Höhe. Zu beachten ist, dass dies
nur für die Bauten gilt; für die daran wachsenden Pflanzen sind die weiter vorn bereits angeführten Regelungen
verbindlich. Verstößt jemand gegen die Vorschriften, kann der betroffene Nachbar innerhalb von 5 Jahren nach
der Errichtung die Beseitigung des Spaliers bzw. der Pergola verlangen. Selbst wenn alles ordnungsgemäß
gepflanzt worden ist: Wurzeln und Äste eines Baumes oder Zweige eines Strauches können schon mal in
Nachbars Garten ragen. Führt das beispielsweise dazu, dass durch die damit einhergehende Schattenwirkung
Pflanzen leiden oder Wurzeln sich nicht ausdehnen können, kann der betroffene Grundstückseigentümer unter
Fristsetzung die Beteiligung solcher Beeinträchtigungen verlangen. Reagiert der Aufgeforderte nicht, kann der
Betroffene die Äste, Zweige und Wurzeln selbst abschneiden und behalten. Auch Obst, das von Nachbars
Baum herunterfällt, darf man behalten. Nicht erlaubt ist es freilich, dem Herunterfallen etwas "nachzuhelfen".
Was an Baum oder Strauch hängt, darf alleine der Eigentümer abernten.
BODENERHÖHUNGEN
Den Boden seines Grundstückes an der Oberfläche des Nachbargrundstückes zu erhöhen ist grundsätzlich
erlaubt. Zu beachten ist, dass eine Schädigung des Nachbargrundstückes, beispielsweise durch Absturz oder
Pressung des Bodens, ausgeschlossen ist. Dementsprechend groß also muss der Abstand von der
Grundstücksgrenze sein, demgemäß sind auch sonstige Vorkehrungen zu treffen und zu unterhalten. Davon in
die Pflicht genommen ist auch ein eventueller Rechtsnachfolger, wie z. B. Erbe oder Käufer.
DACHTRAUFE
Mit einer Gartenlaube oder Datsche entsteht auch die Frage: wohin mit dem Regenwasser? Liegt kein
besonderer Rechtsgrund, etwa eine im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit vor, haben Eigentümer
und Nutzungsberechtigte grundsätzlich nicht das Recht, Niederschlagswasser auf ein Nachbargrundstück
abzuleiten. Vielmehr müssen sie so bauen, dass kein Niederschlagswasser auf ein Nachbargrundstück
gelangt. Eine Ausnahme gilt für freistehende Mauern entlang öffentlicher Straßen, Grünflächen und Gewässer.
Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Zuführung des Wassers nicht zu wesentlichen
Beeinträchtigungen führt und Dritte dadurch nicht gefährdet werden. Ansonsten darf auch hier kein
Niederschlagswasser abgeleitet werden bzw. übertreten.
GRUNDSTÜCKSBENUTZUNGSRECHTE
Oder: Es ist keine Mauer so fest, als seine Nachbarn zu Freunden zu haben
Mit seinem Grundstück kann der Eigentümer nach Belieben verfahren und andere von jedweder Einwirkung
ausschliessen (§ 903 BGB), solange dem nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Gewisse
Ausnahme aber gibt es. Der auf Treu und Glauben beruhende Gedanke des sogenannten nachbarlichen
Gemeinschaftsverhältnisses bildet dafür den Hintergrund. Im Alltag meint dies, dass Grundstückseigentümer
bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht nehmen sollten und manches dulden müssen. Wie für
das Nachbarrecht insgesamt trifft daher besonders bei den Grundstücksbenutzungsrechten jenes Sprichwort
zu, das aus uralter Erfahrung entstand: "Es ist keine Mauer so fest, als seine Nachbarn zu Freunden zu
haben". Hierzu folgende Beispiele:
ANTENNENANLAGEN
versagen mitunter den gewünschten Empfang, wenn ein hohes und ein niedriges Gebäude direkt
nebeneinander stehen. Dennoch soll jeder das gewünschte Rundfunk- oder Fernsehprogramm einwandfrei
erleben können. Darum räumt das Thüringer Nachbarrechtsgesetz dem Betroffenen grundsätzlich das Recht
ein, seine Antennenanlage an dem angrenzenden höheren Gebäude zu installieren. Eine ähnliche
Duldungspflicht besteht, wenn Schornsteine oder Lüftungsschächte nur dann voll funktionieren, wenn sie am
benachbarten höherem Gebäude "verlängert" werden. Eigentümer und Nutzungsberechtigter des betroffenen
Grundstückes müssen auch dulden, dass solche Antennen, Schornsteine oder Lüftungsschächte von ihrem
Grundstück aus unterhalten und gereinigt werden. Dieser Verpflichtung muss man aber nur nachkommen,
solange die Arbeiten anders nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten vorgenommen
werden können. Es versteht sich von selbst, dass mit äußerster Rücksicht und Schonung vorzugehen hat, wer
das nachbarliche Grundstück in Anspruch nimmt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist für die
Grundstücksbenutzung eine Entschädigung zu zahlen; möglicherweise entstandene Schäden sind zu ersetzen.
HAMMERSCHLAGS- UND LEITUNGSRECHT
bedeutet, dass Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Grundstücks dulden müssen, dass ihr Nachbar das
Grundstück vorübergehend betritt oder zum Aufstellen von Leitern, Gerüsten usw. benutzt, wenn der Nachbar
sonst notwendige Arbeiten an seinem Grundstück nicht durchführen könnte. Die Absicht der Benutzung muss
aber dem Grundstückseigentümer mindestens 2 Wochen vorher angezeigt werden. Die mit der Duldung
verbundenen Belästigungen dürfen allerdings nicht außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten
Vorteil stehen. Typisch ist der Fall, dass Verputz- oder Anstricharbeiten an einer Grenzwand vorgenommen
werden müssen, an die man nur vom Nachbargrundstück aus herankommen kann. Der Berechtigte muss - wie
immer bei der Benutzung fremder Grundstücke - äußerste Rücksicht nehmen. Er hat den auf dem Grundstück
evtl. entstehenden Schaden zu ersetzen und bei längerer Inanspruchnahme sogar eine Entschädigung für die
Grundstücksbenutzung zu zahlen.
NOTWEGERECHT
ist ein weiteres Recht zur Benutzung eines fremden Grundstücks. Wenn einem Grundstück der Zugang zu
einem öffentlichen Weg fehlt, so muss der Eigentümer des zwischen dem fraglichen Grundstück und dem
nächsten öffentlichen Weg liegenden Grundstücks dulden, dass sein Grundstück zu Erreichen des
dahinterliegenden Grundstücks benutzt wird, soweit die Benutzung unumgänglich ist (§ 917 BGB). Der
duldungspflichtige Grundstückseigentümer hat auch hier einen Entschädigungsanspruch.
LEITUNGSNOTWEG
steht in ähnlichem Zusammenhang. Ein solches Recht besteht, wenn der Anschluss an das
Wasserversorgungs- oder Entwässerungsnetz nur über ein dazwischen liegendes Grundstück möglich ist. In
solchen Fällen muss der Nachbar - soweit notwendig und ihm zumutbar - dulden, dass Leitungen durch sein
Grundstück hindurchgeführt werden. Für die Duldung des Leitungsnotweges ist der betroffene
Grundstückseigentümer durch eine Geldrente zu entschädigen.
Herausgeber: Thüringer Justizministerium
Alfred- Hess- Straße 8
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