Nachbarschaftsrecht NRW (Kurzfassung)



Wer sich in NRW mit einem Nachbarn verkracht und seine Streitigkeiten vor Gericht austragen möchte kann dies nicht sofort tun. Wie in den meisten anderen Bundesländern greift auch hier der Grundsatz "Schlichten vor Richten". Das bedeutet ohne ein vorangegangenes Schlichtungsverfahren bei einer Gütestelle, den sog. Schiedsämtern, ist die Einreichung einer Klage nicht zulässig.

Dieses Amt wird in NRW von Schiedspersonen oder Anwälten und Fachschlichtern bekleidet. Die anerkannten Gütestellen findet man unter www.streitschlichtung.nrw.de. In NRW werden alleine durch Rechtsanwälte etwa 70% der Streitigkeiten beigelegt bevor sie es überhaupt vors Gericht schaffen.

Schiedsverfahren in Zahlen

In den Bezirken Düsseldorf, Hamm und Köln gibt es über 1100 Schiedspersonen. Bei diesen wurden im Jahr 2015 etwa 4200 Anträge für eine Schlichtungsverhandlung gestellt. In fast 3400 dieser Fälle erschienen die Streitparteien bei der Verhandlung. Mit Hilfe eines Vergleichs konnten tatsächlich knapp über 2000 dieser Fälle abgeschlossen werden. In etwa 700 Fällen ist entweder eine Streitpartei nicht bei dem Schlichtungsverfahren erschienen oder es musste aus einem anderen Grund eine Bescheinigung über den erfolglosen Ausgang des Verfahrens ausgestellt werden.

Fundstücke an kuriosen Streitigkeiten

Dürfen Deosprays oder Parfüm genutzt werden um den Geruch im allgemein zugänglichen Treppenhaus zu "verbessern" versprüht werden? Diese Frage musste das Oberlandesgericht in Düsseldorf klären. Da dieser Geruch aber vom Kläger als störend empfunden wurde gab ihm das Gericht recht und verbat dem anderen Mieter vorzugeben wie das Gemeinschaftseigentum zu riechen habe. Da der "Täter" uneinsichtig blieb muss er nun bei jedem Verstoß eine Strafe von 500 € berappen. (AZ: 3 Wx 98/03)

In Wuppertal beschwerten sich einige Nachbarn über einen Mieter der zu laut urinieren würde. Vermutlich weigerte sich dieser im Sitzen zu urinieren. Die Beschwerden wurden aber vor dem Amtsgericht zurückgewiesen. (AZ: 34 C 262/96)




Allgemeine Hinweise

Bei den heutigen Grundstückspreisen sind viele Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke recht klein und grenzen an ebenso kleine Nachbargrundstücke. Wo Menschen eng zusammenleben, muss jeder Rücksicht nehmen. Das gilt auch an der Gartengrenze.

Alle Eigentümer eines Hausgrundstückes sollten daher wissen, wie sie nach dem Gesetz bei der Gestaltung und Pflege ihres Gartens, auf ihre Nachbarn Rücksicht nehmen müssen und welche Rücksichten sie von ihrem Nachbarn verlangen können.

Das bedeutet nicht, dass man in jedem Fall stur verlangen soll, die Nachbarn mögen jeden Buchstaben des Gesetzes beachten. Bei schmalen Reihenhausgrundstücken ist manch sinnvolle Gestaltung des Hausgartens nicht möglich,wenn alle vorgeschriebenen Grenzabstände für Pflanzen eingehalten werden. Hier kann es empfehlenswert sein, dass sich die Nachbarn über eine sinnvolle Bepflanzung an der Grundstücksgrenze einigen. Im Streitfall wird häufig das Schiedsamt, ohne Einschaltung der Gerichte und ohne große Kosten, auf Antrag eines der Beteiligten, eine Einigung vermitteln können. Name und Adresse der zuständigen Schiedsperson erfährt man bei der Gemeindeverwaltung oder dem Amtsgericht.

Einigen sich die Nachbarn vor der Schiedsperson nicht, werden die Zivilgerichte den Streit entscheiden müssen, falls nicht einer der Beteiligten, im Interesse des weiteren Zusammenlebens, doch noch nachgibt.

Die Regeln für die Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn an der Grundstücksgrenze finden sich zunächst in dem für das gesamte Bundesgebiet geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Und hier vor allem in den §§ 903 bis 924 und 1004. Weitere Fragen haben die Länder in Landesgesetzen geregelt, die nur für das Gebiet des jeweiligen Landes gelten und sich in Einzelheiten unterscheiden. In Nordrhein-Westfalen gilt das Nachbarrechtsgesetz vom 15. April 1969.

Hier sollen nur Vorschriften behandelt werden, die in Nordrhein-Westfalen an der Grenze zwischen zwei bebauten Grundstücken gelten, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen und Wohnzwecken dienen. An den Grundstücksgrenzen zu Gewerbegrundstücken, zu landwirtschaftlich, erwerbs- sowie kleingärtnerisch genutzten Flächen, zu Wald oder öffentlichen Verkehrsflächen gelten zum Teil andere Regeln.

Die Einfriedung

Jede Eigentümerin und jeder Eigentümer ist verpflichtet, zusammen mit den Nachbarn eine Einfriedigung - etwa einen Zaun, eine Mauer, eine Hecke - auf der Grundstücksgrenze zu errichten, wenn auch nur eine Partei dies verlangt. Wirkt die Nachbarpartei nicht innerhalb von zwei Monaten nach schriftlicher Aufforderung an der Errichtung der Einfriedigung mit, so kann der Eigentümerin oder der Eigentümer die Einfriedigung allein errichten und von der Nachbarpartei anteilige Kostenerstattung verlangen. Diese und die nachfolgenden Ausführungen gelten nur für Einfriedigungen, die unmittelbar auf der Grenze stehen und zwei Grundstücke teilen, nicht aber für solche Abgrenzungen, die Grundstückeseigentümer entlang der Grundstücksgrenze, aber noch auf dem eigenen Grundstück errichten.

Ausnahme: Ein Anspruch auf Einfriedigung besteht nicht, wenn Gebäude (etwa die Garage) entlang der Grundstücksgrenze stehen, wenn dies nach Bebauungsplänen oder Ortssatzungen unzulässig oder in der Nachbarschaft nicht üblich ist.

Ausführung: Falls Bebauungspläne oder Ortssatzungen Vorschriften über die Beschaffenheit der Einfriedigung enthalten, sind diese zu beachten. Anderenfalls können sich die Nachbarn z. B. auf einen Zaun, eine Mauer oder eine Hecke einigen. Kommt keine Einigung zustande, so kann jeder vom anderen die ortsübliche Einfriedigung oder, wenn keine ortsüblich ist, eine 1,20 m hohe Einfriedigung verlangen. Die Bauweise schreibt das Gesetz nicht vor. Wenn jedoch von dem einen Grundstück Beeinträchtigungen auf das andere Grundstück ausgehen, können Sonderregeln eingreifen.

Kosten: Die Kosten tragen beide Eigentümerparteien zu gleichen Teilen.

Weiter zu beachten: Manche Eigentümer wollen ihr Grundstück stärker gegen Einblicke schützen, als das die ortsübliche Einfriedigung zulässt. Sie errichten daher entlang der Grenze auf ihrem eigenen Grundstück hohe Sichtblenden oder ähnliches. Für diese sind die Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes nicht anwendbar. Nach der allgemeinen Regelung des § 903 BGB darf zwar jeder Eigentümer entlang der Grenze, auf seinem eigenen Grundstück, Eingrenzungen nach seinen individuellen Vorstellungen errichten. Dies gilt jedoch nur, soweit er nicht das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme verletzt. Hierzu hat der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden, dass die Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes für Nordrhein-Westfalen, im Interesse beider Nachbarn auch die ihnen ästhetisch zumutbare Ausgestaltung der Einfriedigung regeln. Ein Nachbar dürfe diese Regelung nicht umgehen, indem er entlang der Grundstücksgrenze, aber auf dem eigenen Grundstück, eine Einfriedigung errichte, die das Erscheinungsbild der ortsüblichen Einfriedigung wesentlich beeinträchtige.


Bodenerhöhungen

Jede Grundstückseigentümerin und jeder Grundstückseigentümer darf das Niveau der Erdoberfläche bis zur Grundstücksgrenze erhöhen. Dabei müssen aber ein solcher Grenzabstand eingehalten oder sonstige Vorkehrungen (z. B. Stützmauer) getroffen und unterhalten werden, so dass eine Schädigung des Nachbargrundstückes insbesondere durch Abstürzen oder Abschwemmen ausgeschlossen ist.

Mit Aufschichtungen von Holz, Steinen und dergleichen, sowie sonstigen mit dem Grundstück nicht fest verbundenen Anlagen, muss die Eigentümerin oder der Eigentümer mindestens 0,50 m von der Grenze wegbleiben, wenn die Aufschichtung oder Anlage nicht höher als 2 m ist. Ist sie höher, muss der Abstand um soviel mehr als 0,50 m betragen, als die Höhe 2 m übersteigt. Mit einem 2,50 m hohen Holzstapel muss demnach ein Abstand von 1 m (0,50 m + 0,50 m) zur Grundstücksgrenze eingehalten werden.

Dieser Grenzabstand braucht jedoch nicht gewahrt zu werden, wenn die Aufschichtung oder Anlage eine Wand oder geschlossene Einfriedigung nicht überragt oder wenn sie als Stützwand oder Einfriedigung dient (z. B. Steinlage als Stützwand).

Einschränkungen können sich auch aus öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere aus dem Baurecht, dem Straßen - und Wegerecht, sowie dem Wasserrecht ergeben.

Pflanzabstände

Hier bestimmt das Nachbarrechtsgesetz Folgendes:

Mit Bäumen außerhalb des Waldes, Sträuchern und Rebstöcken sind von den Nachbargrundstücken folgende Abstände einzuhalten:

  1. Mit Bäumen außer den Obstgehölzen, und zwar
    • a) stark wachsenden Bäumen, insbesondere der Rotbuche und sämtlichen Arten der Linde, der Platane, der Rosskastanie, der Eiche und der Pappel: 4,00 m,
    • b) allen übrigen Bäumen: 2,00 m;
  2. mit Ziersträuchern, und zwar
    • a) stark wachsenden Ziersträuchern, insbesondere dem Feldahorn, dem Flieder, dem Goldglöckchen, der Haselnuss, den Pfeifensträuchern (falscher Jasmin): 1,00 m,
    • b) allen übrigen Ziersträuchern: 0,50 m;
  3. mit Obstgehölzen, und zwar
    • a) Kernobstbäumen, soweit sie auf stark wachsender Unterlage veredelt sind, sowie Süßkirschbäumen, Walnussbäumen und Esskastanienbäumen: 2,00 m,
    • b) Kernobstbäumen, soweit sie auf mittelstark wachsender Unterlage veredelt sind, sowie Steinobstbäumen, ausgenommen die Süßkirschbäume: 1,50 m,
    • c) Kernobstbäumen, soweit sie auf schwach wachsender Unterlage veredelt sind: 1,00 m,
    • d) Brombeersträuchern: 1,00 m,
    • e) allen übrigen Beerenobststräuchern: 0,50 m;
  4. mit Rebstöcken, und zwar
    • a) in geschlossenen Rebanlagen. deren Gesamthöhe 1,80 m übersteigt: 1,50 m,
    • b) in allen übrigen geschlossenen Rebanlagen: 0,75 m,
    • c) einzelnen Rebstöcken: 0,50 m.

Die Aufzählung der stark wachsenden Bäume und der stark wachsenden Ziersträucher ist nur beispielhaft, nicht aber abschliessend.

Die Frage, welche anderen Bäume oder Ziersträucher ebenfalls zu den stark wachsenden zählen, ist eine botanische Frage. Ihre Beantwortung hängt davon ab, ob der andere Baum oder Zierstrauch, den ausdrücklich als stark wachsend genannten Bäumen (Rotbuche, Linde usw.) bzw. den als stark wachsenden Ziersträuchern (Feldahorn, Flieder, usw.) hinsichtlich Ausdehnung, Höhe und sonstigem Wuchs ähnlich sind. Die Frage kann unter Umständen für denselben Baum oder Zierstrauch, je nach Standort, beispielsweise mit Blick auf unterschiedliche Klima-, Boden- und Höhenverhältnisse, verschieden zu beantworten sein. Die Einordnung, der im Gesetz nicht ausdrücklich genannten Bäume oder Ziersträucher, ist zum Teil umstritten.

Die Entscheidung, wie bestimmte Bäume oder Ziersträucher zu beurteilen sind, hat der Landesgesetzgeber bewusst den Gerichten überlassen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass im Streitfall Bäume und Ziersträucher jeweils sachgerecht nach den individuellen Gegebenheiten eingeordnet werden können.

Für Zier- und Beerensträucher ist außerdem bestimmt, dass sie in ihrer Höhe das Dreifache ihres Abstandes zum Nachbargrundstück nicht überschreiten dürfen. Strauchtriebe, die in einem geringeren, als der Hälfte des vorgeschriebenen Abstandes, aus der Erde treten, sind zu entfernen. Ein Fliederbusch, der einen Abstand von 1 m hält, darf daher nicht höher als drei Meter werden. Ein Beerenstrauch. der 0,50 m von der Grenze gepflanzt ist, darf nicht höher als 1,50 m werden.

Die genannten Abstände werden von der Mitte des Baumstammes oder des Strauches waagerecht und rechtwinklig zur Grenze gemessen, und zwar an der Stelle, an der der Baum oder Strauch aus dem Boden austritt.

Hecken von über 2 m Höhe, müssen einen Grenzabstand von mindestens 1 m und Hecken bis zu 2 m Höhe, einen Abstand von 0,50 m einhalten. Der Abstand wird hier nicht von der Mitte des Stammes, sondern von der dem Nachbarn zugekehrten Seitenfläche der Hecke aus gemessen. Die spätere Seitenausdehnung der Anpflanzung ist daher beim Setzen zu berücksichtigen. Eine bestimmte Höhenbegrenzung schreibt das Nachbarrechtsgesetz nicht vor. Im Streitfall entscheiden die Gerichte unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, ob die über 2 m Höhe hinausgehende Anpflanzung noch den Charakter einer Hecke erfüllt.

Ausnahmen: Die Abstandsregeln gelten nicht, wenn die Hecke als Einfriedigung auf die Grundstücksgrenze gesetzt worden ist. Sie gelten ferner nicht für Anpflanzungen, die hinter einer geschlossenen Einfriedigung vorgenommen werden und diese nicht überragen; als geschlossen gilt eine Einfriedigung, deren Bauteile breiter sind, als die Zwischenräume.

Die verringerten Grenzabstände für Hecken werden Eigentümer im Übrigen nur dann in Anspruch nehmen können, wenn sie die Anpflanzung auch als Hecke halten. Ein Erläuterungsbuch zum Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen führt dazu aus: " Richtig ist allerdings, dass nicht nur gepflegte Hecken als Hecken anzusehen sind. Sträucher und Bäume, die wachsen, ohne beschnitten zu werden, sind jedoch keine Hecken im Sinne des Gesetzes.... Etwas anderes kann nur für derartige Pflanzen gelten, die ohnehin ihrem natürlichen Wuchs entsprechend auch ohne besondere Behandlung in einer Form wachsen, die Heckencharakter hat....Fichten die in einer Reihe gepflanzt sind, aber nicht beschnitten werden, können daher nicht als Hecken angesehen werden.... Mit ihnen ist daher der für Bäume vorgesehene Abstand einzuhalten...."

Beseitigungsanspruch: Jede Grundstücksnachbarin und jeder Grundstücksnachbar kann vom anderen verlangen, Anpflanzungen, die die erforderlichen Abstände nicht einhalten, zu beseitigen bzw. Hecken zurückzuschneiden.

Ausschlussfrist: Nun kommt es häufig vor, dass Grundstückseigentümer ihre Grundstücke ohne Rücksicht auf die Abstandsvorschriften bepflanzen und die Nachbarin oder der Nachbar zunächst nichts unternimmt, weil die Anpflanzung nicht stört oder um Schwierigkeiten mit den Eigentümern zu vermeiden. Verlangt die Nachbarin oder der Nachbar später die Beseitigung der Anpflanzung, so kann dies die Eigentümerin oder den Eigentümer unangemessen treffen, etwa weil der Baum vor ein paar Jahren noch hätte aus dem Abstandsbereich heraus versetzt werden können, während er heute gefällt und neu gepflanzt werden müsste. Das Nachbarschaftsrechtsgesetz sieht daher eine Ausschlussfrist vor.

Die Beseitigung einer Anpflanzung, die die erforderlichen Abstände nicht einhält, kann nicht mehr verlangt werden, wenn die Nachbarin oder der Nachbar nicht binnen sechs Jahren nach dem Anpflanzen, Klage auf Beseitigung erhoben hat.

Für den Fall, dass der erforderliche Abstand von der Höhe der Anpflanzung abhängt, wie z. B. bei Hecken, hat die Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass die Frist in dem Augenblick beginnt, in dem der vom Gesetz vorgeschriebene Abstand, infolge des Wachstums der Anpflanzung, nicht mehr gewahrt ist.

Es empfiehlt sich daher, gelegentlich einen Blick auf die Anpflanzungen der Nachbarn zu werfen. Bei Anpflanzungen, die die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhalten, sollte man sich innerhalb der Sechsjahresfrist überlegen, wie sie sich weiter entwickeln werden und ob man die weitere Entwicklung hinnehmen will. Ein junger Baum an der Grenze stört vielleicht nicht. In 20 Jahren wird er viel mehr Licht wegnehmen und im Herbst viel mehr Blätter abwerfen.

Nach Fristablauf: Wenn die Ausschlussfrist abgelaufen ist, sollte die Eigentümerpartei, auf deren Grundstück die Anpflanzung steht, nicht triumphieren und die Nachbarin oder der Nachbar nicht verzweifeln. Auch wenn die Beseitigung der Anpflanzung nicht mehr verlangt werden kann, gelten z. B. die nachstehend erörterten Vorschriften über den Überhang. Soweit also Äste und Wurzeln des zu nahe an der Grenze stehenden Baumes über die Grenze wachsen, kann die Nachbarin oder der Nachbar unter den nachstehend dargestellten Voraussetzungen Beseitigung verlangen. Das kann für die Eigentümerin oder den Eigentümer des Baumes auf Dauer teuer werden, insbesondere dann, wenn die Wurzeln in die Kanalisationsrohre der Nachbarn hineinwachsen.

Auch nach Ablauf der Sechsjahresfrist sollten daher Eigentümer und Nachbarn versuchen, Probleme an der Gartengrenze einverständlich vernünftig zu regeln.

Vereinbarungen: Wie bereits erwähnt, dürfte es häufig zweckmäßiger sein, sich mit den Nachbarn zu einigen, als sich wegen der Grenzabstände mit ihnen auseinander zu setzen, zumal dann, wenn die Anpflanzung ein paar Zentimeter weiter von der Grenze weg und damit außerhalb der Abstandsflächen praktisch genauso viel Licht wegnimmt, wie am jetzigen Standort. Man kann mit den Nachbarn Vereinbarungen über die Anpflanzungen auf deren Grundstück treffen, beispielsweise, dass man selbst eine Hecke entlang der Grundstücksgrenze duldet, die Nachbarin oder der Nachbar sie aber nicht höher als 2,20 m wachsen lässt.

Solche Vereinbarungen sind grundsätzlich mündlich wirksam. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich aber, sie schriftlich niederzulegen. Die Vereinbarung bindet nur die jetzigen Nachbarn, nicht aber diejenigen, denen sie etwa später ihr Grundstück verkaufen. Man kann auch für diesen Fall Vorsorge treffen. Dann sollte man sich aber von einer Notarin/einem Notar oder von einer Rechtsanwältin/einem Rechtsanwalt beraten lassen.


Überhang

Die Eigentümerin oder der Eigentümer eines Grundstücks kann von den Eigentümern des benachbarten Grundstückes verlangen, dass diese Wurzeln und Zweige, die über die Grundstücksgrenze wachsen, beseitigen, wenn die Wurzeln oder Zweige die Benutzung des Grundstücks beeinträchtigen (§ 1004 BGB).

Eigentümerinnen und Eigentümer dürfen aber auch zur Selbsthilfe greifen und die Beseitigung selbst vornehmen, bei Wurzeln sofort und bei Zweigen, wenn sie der Besitzerin oder dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt (§ 910 BGB).

Ein Abschneiderecht besteht jedoch nicht, wenn der Überhang die Grundstücksnutzung nicht oder nur ganz unerheblich beeinträchtigt.

Weiter ist zu beachten, dass das Selbsthilferecht nach § 910 BGB durch landesrechtliche Bestimmungen zugunsten des Naturschutzes eingeschränkt werden kann.

Nordrhein-Westfalen hat in § 45 des Landschaftsgesetzes den Schutz des Baumbestandes den Gemeinden überlassen. Viele Gemeinden haben bereits Baumschutzsatzungen erlassen, nach denen bestimmte Bäume nicht gefällt, geschädigt oder in ihrem Aufbau wesentlich verändert werden dürfen.

Bevor man daher vom Nachbarn die Beseitigung von Ästen oder Wurzelwerk verlangt oder selbst Hand anlegt, sollte man sich bei der Gemeinde erkundigen, ob nicht eine Baumschutzsatzung den Eingriff verbietet. Früchte eines Baumes oder Strauches, die von selbst auf ein Nachbargrundstück fallen, gehören der Nachbarin oder dem Nachbarn. Bis zum Abfallen gehören sie der Eigentümerin oder dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum oder Strauch steht.

Laub

In den letzten Jahren ist immer wieder die Frage aufgeworfen worden, ob Eigentümerinnen und Eigentümer es entschädigungslos hinnehmen müssen, dass das Laub von Bäumen der Nachbarn auf ihr Grundstück weht, oder ob sie von den Nachbarn Ersatz für das Beseitigen des Laubes (insbesondere dann, wenn Dachrinnen verstopft werden) verlangen können. Die Beantwortung der Frage, ob den Nachbarn ein Ausgleichsanspruch zusteht, hängt von den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab, wobei das gestiegene Umweltbewusstsein und die erhöhte Wertschätzung von Bäumen und Pflanzen in der Bevölkerung, vielfach dazu führen, dass der Laubbefall vom Nachbargrundstück entschädigungslos hinzunehmen ist.

Quelle: Infoblatt vom Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Martin-Lutherplatz 40, 40190 Düsseldorf; Info 17/99


baumpruefung.de - toTop