Baumschutz im Mittelalter


Bestrafung im Mittelalter

Wenn man die Sitten und Gebräuche unserer Vorfahren zum Schutze von Bäumen auf die heutige Verfahrensweise übertragen würde, dann waren die damaligen Verordnungen die ersten rechtsgültigen Baumschutzsatzungen.

Der Ursprung dieser Regelungen hatte ökonomische Gründe, ging es doch in erster Linie darum, Obstbäume und Weiden vor Diebstahl oder Zerstörung zu schützen. Die dabei angedrohten und vollzogenen Strafen entsprachen wohl dem normalen Umgang, der in der damaligen Zeit miteinander gepflegt wurde.

Im 13 Jahrhundert galt bereits in der Stadt Augsburg das Abhacken einer Hand als angemessenes Strafmaß für das Fällen eines gesunden und tragenden Obstbaumes. Dies zog sich noch bis zum 18 Jahrhundert hin, wo im damaligen Fürstbistum Speyer diese Strafe für das mutwillige Beschädigen von Rebstöcken oder Obstbäumen ebenfalls verhängt wurde. Einen Coburger Bürger erwischte es noch schlimmer, da ihm im Oktober 1557 für das Abhauen von Reben und Bäumen, gar beide Augen ausgestochen wurden,

1740 wurde in Johann-Heinrich Zedlers Lexikon folgende Zeilen geschrieben: "werden die Obstbäume insgemein so hoch geachtet, dass, so jemand sich gelüsten lässet, dergleichen einem andern zum Schaden mutwilliger Weise umzuhauen, solcher deshalber nach Gelegenheit mit Gefängnis, oder einer andern namhaften Strafe (u.a. Hand ab) beleget wird."

1766 setzte das Bistum Speyer neue Maßstäbe und milderte die Strafen für Baumfrevel. Dabei dachte man durchaus praktisch, bedeutete doch jede abgehackte Hand eine Verstümmelung, die den betreffenden "ganz unbrauchbar und überlästig wird." Somit begnügte man sich mit dem Pranger, dem Auspeitschen mit Ruten und wenn es ganz arg war, mit der Landesverweisung.

1781 schloss sich das bayerische Landen diesen Gepflogenheiten an und verordnete die Prügelstrafe mit anschliessender Einlieferung ins Arbeitshaus.

Ab 1808 konnten in der Markgrafschaft Baden sogar erstmals Geldleistungen die Taten sühnen, nachdem bis dahin durchaus 10 Jahre Zuchthaus als angemessen galten. Dabei galt als Berechnungsformel für den Schadenersatz: "Wer einen solchen Baum entwendet oder abhaut, zahlt nebst dem Preis den, 24fachen Wert zur Strafe." Wohl dem, der in der Lage war diesen Preis zu zahlen. Aber auch für Anfahrschäden gab es klare Kurse: "Wer einen Baum unbedachtsamer Weise anfährt, zahlt die Hälfte vom obigen."

Wie oft Baumfrevel begangen und auch tatsächlich bestraft wurde weiß keiner. Fest steht, dass in den über 2000 erhalten gebliebenen Akten von Strafprozessen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert nur sehr wenige Fälle vorkommen. Diese Akten liegen im Stuttgarter Hauptstaatsarchiv.

Der erste "Pflanzenpass" wurde bereits 1807 eingeführt, nachdem in mehreren Nacht- und Nebelaktionen über 100 junge Obstbäume in der Umgebung von Heidelberg verschwanden. Der Verdacht, die jungen Bäume sollten auf der anderen Rheinseite geschafft worden sein, veranlasste das Amt Heidelberg eine Weisung herauszugeben, derzufolge kein Passagier auf einer Fähre mit Obstbäumen transportiert werden durfte, "der sich nicht desfalls durch ein Obrigkeitliches Zeugnis legitimieren kann."

Durch abermalige Diebstähle aufgeschreckt, wurde diese Weisung auf allen öffentlichen Märkten der Umgebung ausgedehnt, wo keine Obstbäume mehr verkauft werden durften, die nicht durch ein Attest vom Schultheiß und Amt versehen waren, wobei die Polizei dieses strengstens zu kontrollieren hatte.

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