Maibaum - Warum stellt man ihn auf und verschenkt ihn?
Einen "Maibaum" als eigene Baumgattung gibt es natürlich nicht, trotzdem kennt wohl jeder den vor allen Dingen in Bayern verbreiteten Maibaum. Es handelt sich hierbei aber einfach nur um die Bezeichnung für den Baum, den man zum Tanz in den Mai als Mittelpunkt der Feierlichkeiten eines Dorfes oder einer Nachbarschaft aufstellt oder der in kleiner Ausführung von einem am Dach einer verehrten Dame befestigt wird. Die Feierlichkeiten finden im Zusammenhang mit dem Tag der Arbeit am ersten Mai eines jeden Jahres statt. Doch wo kommen diese Traditionen her und was genau steckt dahinter?
Wie bei vielen Traditionen gibt es auch von dieser Tradition unterschiedliche Auslegungen. So kann das Brauchtum von Ort zu Ort etwas anders gefeiert werden. Wo genau die Tradition des Maibaums ihren Ursprung hat und wann diese zum ersten Mal in Erscheinung trat ist ungewiss. Nicht einmal professionelle Volkskundler konnten dieses Geheimnis lüften. Jedoch geht die Tradition wohl mehrere Jahrhunderte zurück und war in der damaligen Zeit wohl eine Form der Partnervermittlung. Dies würde auch der Vermutung passen, dass der Baum bei diesem Brauch bei den Germanen Fruchtbarkeit symbolisierte.
Da es den Maibaum wohl schon im späten Mittelalter gab ist dieser sogar älter als der Weihnachtsbaum, der erst im 16. Jahrhundert auftaucht!
Wem und warum schenkt man einen Maibaum?
Rund um den Beweis der Liebe und Zuneigung zum anderen Geschlecht gibt es viele Traditionen. So auch die der sogenannten "Liebesmaien". Hierbei handelt es sich um die kleine Variante der Maibäume, die von noch nicht vergebenen unverheirateten jungen Männern geschmückt werden und am Haus einer verehrten ebenfalls unverheirateten Dame des Herzens angebracht werden. Meistens werden dazu Birken oder im oberschwäbischen Gebiete auch Tannen verwendet. Ebenfalls kann an dem Bäumchen auch eine Karte oder ein Maiherz aus Holz oder Karton mit einem netten Spruch und dem Namen der Angebeteten angebracht sein. Diese bleiben dort dann etwa einen Monat hängen und werden dann vom Verehrer in der Hoffnung auf eine positive Reaktion wieder abgeholt. Dies kann eine Einladung zu einem Essen sein oder auch ein von der Mutter gebackener Kuchen oder, wenn man Glück hat, auch ein Kasten Bier vom Vater. Wenn man besonders viel Glück hat bekommt man vielleicht sogar schon einen Kuss der angebeteten Dame. Zur Erinnerung an den erhaltenen Maibaum kann die Dame eine Scheibe vom Fuß des Baumstammes absägen und behalten.
Allerdings erinnere ich mich, dass es vielen Eltern, insbesondere den Vätern, nicht gepasst hat wenn einer oder sogar mehrere Jünglinge an seinem Haus herumkrackselten um dort irgendwo einen kleinen Baum anzubringen und dabei möglicherweise irgendetwas beschädigten. Von einem Klettern aufs Dach oder ans Fenster der Verehrten sollte man definitiv absehen und diesen nur an einfach erreichbaren Stellen anbringen .Mancherorts werden vielleicht deshalb die Maibäumchen oder ein Maiherz aber auch nur vor die Tür der Verehrten gestellt.
Sogar in Großstädten hat die Tradition aufgrund der vielen zugezogenen jungen Leute aus ländlicheren Gegenden Anklang gefunden und ist eine beleibte romantische Geste geworden. Auch wenn hier der Baum meistens aufgrund der engeren Bebauung einfach nur verschenkt wird.
Lustig wird es mancherorts auch in einem Schaltjahr. Dann sind in vielen Regionen nämlich die jungen Damen gefragt und sollen einen Maibaum als Liebesbeweis am Haus eines verehrten jungen Mann anbringen.
Den Brauch der Liebesmaien kannten angeblich auch schon die alten Kelten. Wenn ein Paar danach ein Jahr zusammenblieb, durfte es offiziell heiraten. Wenn es aber zwischen den beiden doch nicht passte, konnte es sich ohne Folgen trennen.
Was bedeutet der Maibaum?
Auch heute noch steht der Maibaum für die Frühlingsblüte, die Fruchtbarkeit und Liebe, aber auch für das Wachstum der Landwirtschaft. Er soll vor Unheil durch Ungeziefer und Unwetter und den damit verbundenen Ausfall von Ernten schützen und die Unheilbringer vertreiben. Bei abergläubischen Mitmenschen symbolisiert er sogar das Widererwachen der Lebenskräfte der Natur und stellt eine Verbindung zwischen Erde und Himmel dar. Die kleine Variante des Maibaums gilt als eindeutiger Liebesbeweis.
Früher konnten Junggesellen beim Tanz in den Mai Frauen "ersteigern". Dadurch war ihnen eine Ehe innerhalb des Heimatdorfes gesichert. Der Maibaum stellte dabei den Mittelpunkt dieser "Partnervermittlung" dar. Er soll allerdings auch den Wohlstand des Ortes repräsentieren und hilft auch das Bewusstsein für die Gemeinschaftlichkeit der Einwohner zu stärken. Nichts verbindet mehr als zusammen zu feiern. Desto mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen desto größer, prächtiger und prachtvoller geschmückt kann der Maibaum natürlich ausfallen.
Wie wird der Maibaum geschmückt?
Es wird natürlich nicht einfach nur ein gefällter Baum für den Tanz in den Mai wieder aufgestellt. Normalerweise wird dieser von den Frauen mit grünen Kränzen und Bändern in verschiedenen Farben geschmückt und verfügt über einen grünen Wipfel. Möglich ist die Verwendung regional bedeutsamer Farben der Gemeinde, Stadt oder des Landes, die z. B. in irgendwelchen Wappen oder Flaggen Verwendung finden. Diese Farben werden meistens als Bänder um den Stamm gewickelt oder aufgemalt. Die bunten Bänder, die meist recht hoch angebracht sind, sollen farbenfroh im Wind wehen. Aber es kann natürlich auch hiervon abgewichen werden. Der grüne Wipfel und der Kranz sind die eigentliche Symbolen des Brauches und stehen für Fruchtbarkeit.
Was bedeuten die Farben am Maibaum?
Ursprünglich wurde jeder Farbe eine besondere Bedeutung nachgesagt und die Farbauswahl wohl basierend darauf getroffen. Heutzutage spielt wohl eher der persönliche Geschmack eine Rolle für die Wahl passender Farben.
Für den kleinen Maibaum der als Liebesbeweis übergeben wird sind insbesondere folgende Farbbedeutungen zu beachten gewesen:
- Ein überwiegend Grün geschmückter Maibaum: er hofft mit der Frau eine Beziehung einzugehen
- Ein überwiegend Weiß geschmückter Maibaum: er will, dass die Beziehung lange hält
- Ein überwiegend Rot geschmückter Maibaum: er liebt diese Frau
Festhalten lässt sich auf jeden Fall, dass bunte Farben für eine positive Botschaft stehen. In Acht nehmen sollte man sich davor "Schwarz" zu nutzen. Denn diese Farbe wurde genutzt wenn der Baum nicht als nette Botschaft gelten sollte, sondern um eine Fehde auszutragen. Dies konnte beispielweise bei zerstrittenen Parteien der Fall sein. An diesen sogenannten "Schandmaien" werden sogar Blechbüchsen und Klopapier als Spott angebracht.
Wie wird der Baum für den Tanz in den Mai aufgestellt?
Ob frisch geschlagen oder aus dem Vorjahr wiederverwendet gibt es natürlich auch eine örtliche Tradition den Maibaum aufzustellen nachdem dieser seinen Schmuck erhalten hat. Der Maibaum wird wenn möglich in der Mitte des Dorfes, auf einem Dorfplatz, oder der Straße aufgestellt, nachdem er traditionell zuvor meistens von jüngeren Männern und von einer Kapelle begleitet durch das Dorf an seinen Bestimmungsort getragen wurde.
In der Regel übernimmt heutzutage die örtliche Feuerwehr das Aufstellen des Baumes. Heute bedient man sich statt reine Muskelkraft aufzuwenden bei Hilfsmitteln wie Traktoren, Gabelstaplern oder Kränen um unkompliziert den schweren Baumstamm aufzustellen. Früher hingegen kamen Seile und Leitern verwendet um den Baum aufzustellen.
In manchen Orten kommt dies auch wieder in Mode. Vielleicht um den Damen im Ort zu beweisen, dass man es auch ohne großes Gerät schafft den Baum aufzustellen. Allerdings kommt es bei solchen Aktionen öfters zu Unfällen, da es sich um keine einfache Angelegenheit handelt.
In einigen Orten hat man sich sogar ausgefallenere Technik besorgt um den Maibaum aufstellen zu können. Dies beeindruckt natürlich einerseits und ist auch wesentlich sicherer, aber lässt andererseits eher traditionsbewusste Mitmenschen an der heutigen Auslebung des Brauchs zweifeln. Ich habe diesbezüglich unter entsprechenden Videos relativ negatives Feedback gelesen.
Auf jeden Fall sollte der Maibaum wirklich vernünftig aufgestellt werden und einen sicheren Stand haben, da er meistens mindestens bis zum Monatsende des Mai stehen bleiben soll. Manchmal wird dieser sogar bis zum Herbst stehen gelassen. Nachdem er seinen Dienst erfüllt hat wird er oft für einen guten Zweck als Brennholz versteigert.
Maibaum stehlen
Den noch nicht aufgestellten Maibaum eines anderen Dorfes zu stehlen ist komischerweise ebenfalls eine weit verbreitete Tradition. Diesen noch nicht fertigen Maibaum zu bekommen ist meistens allerdings gar nicht so einfach, da dieser noch geschmückt wird und auch sonst meistens im Blickfeld vieler Dorfbewohner ist und somit ständig bewacht wird. Da der Maibaum oft schon Wochen vor den Feierlichkeiten gefällt wird kann es natürlich passieren dass dieser bereits dann gestohlen wird.
Oftmals übernehmen die jungen Männer der Gemeinde die Bewachung in der Nacht bevor der Baum aufgestellt wird. Die Besitzer-Gemeinde kann den Baum meistens mit Bier, Schnaps oder durch den Eintausch anderer Sachen wieder auslösen. Hier werden die Diebe manchmal kreativ und stellen eine Forderung auf.
Ungeschriebene Regeln für das Stehlen des Maibaums
Bei diesem Brauch sollte man allerdings die teils ortsüblichen Regeln beachten. So dürfen meist nur bereits gefällte Bäume gestohlen werden und das Stehlen eines bereits aufgestellten Baumes ist oftmals verboten. Einen Maibaum zu stehlen ist normalerweise auch nur den Gemeinden vorbehalten die auch selber einen Maibaum aufstellen, da es ansonsten etwas unfair ist wenn man selber keinen Baum zu bewachen hat.
Auf unserer Straße war die Aufgabe der verbliebenen Partygäste den Baum zu bewachen. Denn der Maibaum wird dort traditionell auch gerne geklaut, wenn er bereits aufgestellt ist. Gerne wischt man einer anderen Straße oder einem anderen Ort eins aus und klaut deshalb insbesondere nachts den manchmal unbewachten Baum.
Natürlich sollte man sich bei dem Diebstahl nicht erwischen lassen. Denn in diesem Fall muss man den Baum sofort wieder an die Besitzer zurückgeben. Gewalt ist bei diesem Brauch absolut kein Thema und darf niemals angewendet werden. Das Zersägen oder Zerschneiden des Baumes oder anderweitiges Beschädigen ist ebenfalls zu unterlassen. Jedes Dorf oder jede Nachbarschaft sollte die Chance haben den Maibaum für erfüllbare Konditionen durch Verhandlungsgeschick zurückzubekommen. Als Zeichen des Friedens wird der Baum manchmal im Rahmen einer feierlichen Prozession an den Ursprungsort zurückgebracht und nicht einfach nur wieder zurückgegeben. Sofern der Baum nur vor den Feierlichkeiten geklaut werden darf bleibt für eine solche Rückholaktion auch noch genug Zeit vor dem Tanz in den Mai.
Wenn sich die Diebe mit den eigentlichen Besitzern des Maibaumes nicht über die Auslösung einig werden und der Baum den Dieben überlassen wird, so besteht die Möglichkeit den geklauten Baum als Baum der Schande im eigenen Dorf aufzustellen und dort einige Tage oder Wochen zur Demütigung der Besitzer stehen zu lassen bis dieser dann triumphierend zersägt wird. Für diesen Zeitraum ist es auch nicht unüblich ein Schild mit dem Namen der Besitzer am Baum anzubringen um diese noch mehr zu verspotten.
Den eigenen Maibaum zu stehlen oder zu verstecken um den eigenen Nachbarn einen Streich zu spielen ist übrigens gar nicht gerne gesehen, könnte aber natürlich von der jüngeren Generation schon einmal gemacht werden um den Eltern einen Streich zu spielen.
Wichtig ist, dass dieser ganze Brauch rein spaßig gemeint ist und auch so an die nächsten Generationen vermittelt werden soll.
Ist das Stehlen des Maibaums eine Straftat?
Die Frage, die einen hier nun beschäftigen könnte, lautet: Ist das Maibaum-Stehlen nicht eigentlich eine Straftat? Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten, da es sich um eine Handlung in Verbindung mit einem Brauch handelt. Allerdings ändert dies nichts daran, dass für das Entwenden eventuell Hausfriedensbruch begangen wird und ein Diebstahl nun mal ein Diebstahl ist. Insbesondere wenn man sich nicht an die Regeln des jeweiligen Brauches hält und z. B. dort einen Baum entwendet, wo dieser nicht mehr entwendet werden darf wenn er bereits aufgestellt wurde, handelt es sich nicht mehr um das Stehlen nach der Tradition. Im Normalfall dürfte wohl kaum jemand eine Anzeige stellen der an diesen Traditionen teilnimmt. Jedoch muss man im Hinterkopf behalten, dass die Polizei durchaus gerufen werden könnte und auch eine Strafe droht wenn man wirklich den Baum gestohlen hat.
Einen Baum einfach aus dem Wald zu entwenden und als Maibaum zu verwenden sollte man übrigens tunlichst unterlassen, denn dies ist immer eine Straftat und gilt als Holzdiebstahl.
Welcher Baum dient als Maibaum?
Für den großen Maibaum für den Dorfplatz gibt es verschiedene Variationsmöglichkeiten. Es werden vor allen Dingen in Bayern und im Oberschwäbischen sowohl große wie auch kleine Nadel- oder Laubbäume verwendet, beispielsweise Fichten. Im Rheinland dagegen wird aber normalerweise eine Birke als Maibaum verwendet. Alternativ wird ein entasteter Nadelbaum genutzt auf dessen Spitze eine kleine Birke aufgesetzt wird. Hier soll auf jeden Fall die Birke präsent sein.
Die kleinen Liebesmaien sind ebenfalls im Regelfall kleine Birken. Im Oberschwäbischen werden wohl auch Tannen verwendet, was anderenorts gar keine gute Idee ist. Denn eine Tanne, Kirsch- oder Dornenzweige werden als Schandmaien verwendet. Hierdurch will man eigentlich keinen Liebesbeweis erbringen, sondern die beschenkte Dame bloßstellen. Es lohnt sich also immer sich mit den örtlichen Traditionen auseinanderzusetzen bevor eine nett gemeinte Geste komplett nach hinten losgeht.
Warum Birken als Maibäume verwenden?
Der Mai gilt historisch als Sommerauftakt. Passenderweise fällt die Blütezeit der Birke genau in den Zeitraum von März bis Mai, wodurch es einer der Bäume ist der recht früh nach dem Winter blüht. Was bietet sich also eher an, als einen Baum als Symbol des Lebens, des Neubeginns und der Liebe zu verwenden, der schon in seiner Blütezeit ist? Ein Baum, der noch gar nicht blüht, wäre eher unpassend und würde nicht wie die Birke die Hoffnung und Aufbruchsstimmung in die zweite sommerlich beginnende Jahreshälfte verkörpern. Ebenfalls wachsen als erste Bäume nach einer Zerstörung durch Sturm oder Feuer oftmals Birken und lassen die Natur wiedererwachen.
Außerdem war die Birke angeblich schon bei den Germanen und Kelten ein heiliger Baum. Sie soll die Göttin "Birgid" verkörpert haben. Ihr Name bedeutet so viel wie glänzend, hell, leuchtend. Diese Beschreibung trifft auch auf den Stamm der Birke zu. Birke. Auch Brigitte, Bridget, Birgit und das englische Wort bright (hell) stammen wohl daher.
Der Mai, der Monat der Liebenden?
Ebenfalls ist der Mai traditionell der Zeitraum für einen Neuanfang. Kein Wunder also, dass zu dieser Zeit sehr viele Hochzeiten stattfinden und den Mai zum beliebtesten Hochzeitsmonat machen. Nicht nur aufgrund der Feiertage und dadurch verlängerten Wochenenden bietet sich dieser Monat an um wenig Probleme zu bekommen wenn Verwandte und Freunde Urlaub bräuchten. Auch aufgrund des meistens milden und trockenen Wetters und der blühenden Pflanzen eignet sich der Monat für alle Liebenden die sich das Ja-Wort geben wollen. Was könnte schöner sein als Hochzeitsbilder im Grünen wenn alles anfängt zu blühen und wirklich grün ist.