Die Aerodynamik
Bäume können sich mittels ihrer aerodynamischen Eigenschaften, bis zu einem gewissen Punkt, dem sekundären Versagen vor starken Winden schützen. Je heftiger der Wind seine Kraft einsetzt, desto stärker biegt sich der Baum. Durch das Biegen gelingt es dem Baum, die zerstörerische Kraft aus dem Wind zu nehmen, da der auf ihn einwirkende Strömungswiderstand reduziert wird.
Die allgemeingültige Formel für starre Körper besagt, dass bei einer ansteigenden Strömungsgeschwindigkeit der Widerstand - den ein Körper der Strömung entgegensetzt - quadratisch anwächst. Dieser Formel entziehen sich die flexiblen Bäume, indem sie ihre Struktur ganz einfach dem wachsenden Widerstand anpassen.
Durch diese und weiteren Anpassungsfähigkeiten wird jeder Baum zum mechanisch optimierten Bauteil. Im belaubten Zustand verursachen die angreifenden Windlasten, dass das gesamte Blattwerk wie ein Segel diese eingehenden Lasten über Astwerk und Stamm, bis in die Wurzeln ableiten, von wo aus sie quasi dem Boden übergeben werden.
Die kraftübertragenden Strukturen sind dabei so ausgelegt, dass sie die bei einer normalen Belastung bereits auftretende Spannung, dauerhaft ertragen können. Vergleichbar wäre dies z. B. mit einer Kette gleicher Glieder. Unter anderem sind durch diese Fähigkeiten die erreichbaren Wuchshöhen in der Baumwelt überhaupt erst möglich geworden.
Um Spannungsüberhöhungen an der Oberfläche erfolgreich entgegentreten zu können, reagieren Bäume durch entsprechendes Wachstumsverhalten, dem sogenannten adaptiven Wachstum. Ausgelöst durch mechanische Reize, bzw. mechanischen Belastungen, werden an den betreffenden Stellen verstärkte Zuwächse ausgelöst. Dadurch wird die Spannung in diesen Bereichen reduziert.
Aber auch im inneren des Baumes kann die Struktur des Holzes an den bestehenden Lastverhältnissen angepasst werden. Es gibt Nachweise, dass die Holzfestigkeiten innerhalb eines Baumes derart verteilt sind, dass in den besonders gefährdeten Bereichen für die versagensrelevanten Lasten, bessere Werkstoffwiderstände vorhanden sind, bzw. diese dort ansteigen. Um den von außen einwirkenden Lasten zu trotzen, wird deshalb bei der inneren Optimierung des Baumes, zusätzlich eine gezielte Eigenspannung erzeugt.
Die in den Boden abgeleitete Lasten stellen auch an die Wurzeln des Baumes und dem Erdreich Anforderungen. Neben den genetisch bedingten Wuchsformen der Wurzeln, ist die Form ihrer Gestaltung auch abhängig von der Art der Bodenbeschaffenheit und dem Stand des Grundwasserspiegels.
Durch das durchdringen des Bodens bilden die Wurzeln einen Verbund mit der Erde. Je stärker und enger dieser Verbund gestaltet ist, desto höher ist der Versagenspunkt des Erdreiches angesiedelt.
Bei mechanischer Belastung benötigen Erdstoffe eine zusätzliche Zugkraft, die von den Wurzeln bereitgestellt wird. Zusätzlich erhöht sich auch die Steifigkeit und Festigkeit im Druckbereich.
Ferner wird durch das sekundäre Dickenwachstum der Wurzeln eine weitere Kompression des Erdreiches erreicht, die sich positiv auf die Lastverteilung und somit auch auf die Festigkeit des Erdreiches auswirkt.
Durch diese pfiffigen Strategien weisen Bäume entsprechend angepasste Flexibilitäten, bei auftretenden mechanischen Belastungen auf. Die Verringerung der Strömungswiderstände oder durch eine Beugung verhinderte Lasteneinwirkung, sind für sie unersetzliche Hilfsmittel um zu überleben.